Auf die Plätze, fertig, Karlen Manzala

Vor einem Jahr lancierte die SBW Haus des Lernens am Talent-Campus Bodensee das «Refugee Programm Coubertin meets Dunant» – ein eigenständiges Integrationsprojekt im Bereich Sport und Schule. Mittendrin: die 15-jährige potenzielle Spitzenläuferin Karlen Manzala.

Karlen Manzala
Karlen Manzala im Talent-Campus Bodensee

Kräftig, filigran, energiegeladen und trotzdem mit einer beeindruckenden Leichtigkeit – das ist Karlen Manzala. Heute Morgen trainiert sie mit gemeinsam mit sechs mehr oder weniger gleichaltrigen Kolleginnen und Kollegen in der Turnhalle Dreispitz. Am Schluss der Einheit bespricht Coach Sarah Weber in einem persönlichen Gespräch noch ein paar Einzelheiten mit der jungen Angolanerin. «Die Zusammenarbeit ist sehr erfrischend. Sie ist gleichzeitig ruhig und quirlig. Ausserdem sehr zielstrebig», lobt die erfahrene Trainerin.

Manzala ist eine von bis zu 15 sportlich talentierten, jugendlichen Migrantinnen, die am Talent-Campus Bodensee in den kommenden Jahren eine Chance erhalten, ihr Talent zu entfalten. Das «Refugee Programm Coubertin meets Dunant» wird unter anderem vom Bundesamt für Sport sowie dem Staatssekretariat für Migration SEM unterstützt. Mit ihrer Vorbildfunktion sollen junge Athletinnen und Athleten wie Karlen Manzala helfen, die Integration von Flüchtlingen in der Schweiz voranzutreiben.

Aufgewachsen ist die Tochter eines Angolaners und einer Kongolesin in Roggwil (TG). Seit Frühling 2023 besucht sie den Talent-Campus Bodensee. «Meine grössten Stärken liegen im Sprint», sagt Karlen Manzala. «Ich will dieses Jahr an den Schweizer Meisterschaften in meiner Kategorie das Finale erreichen.» Für Trainerin Sarah Weber ist wichtig, dass Karlen in den nächsten Jahren neben der sportlichen Entwicklung den Schritt in die Selbständigkeit schafft und ein selbststrukturiertes Leben führen kann.

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Karlen im Gespräch mit Coach Sarah Weber

Basis dafür ist das neu ins Leben gerufene «Refugee Programme Coubertin meets Dunant». Dieses gesamtschweizerisch ausgerichtete Projekt fördert die Zukunfts- und Integrationschancen sporttalentierter, jugendlicher Flüchtlinge mit Wohnsitz in der Schweiz. «Wir engagieren uns, damit Flüchtlinge über ihre Stärke ihr Talent integrieren können», erklärt CEO und Verwaltungsratspräsident Reto Ammann. Für Karlen erhofft er sich, dass sie sich als Fernziel im «Refugee Olympic Team» für die Olympischen Spiele qualifiziert oder im 2024 in Dakar an den YOG (Youth Olympic Games) starten darf. «Das Wichtigste aber ist ihre Persönlichkeitsentwicklung und die Pflege der Leidenschaft», stellt Ammann klar. «Wir stehen mit unserem Engagement am Anfang einer Karriere und wollen ein kleines Mosaiksteinchen beitragen.» Damit die Jugendlichen ihr Potenzial und Talent voll ausschöpfen können.

Nach dem Training ist vor der Schule. Karlen Manzala ist sich bewusst, dass die schulische Entwicklung ebenso wichtig ist wie die sportliche. «Ich weiss, dass es ein langer Weg wird. Aber ich will weiterkommen im Leben und bin bereit, noch eine Menge Arbeit zu leisten.»

«Mathematik ist nicht so meines…»

Bei unserem Besuch in Kreuzlingen stellten wir Karlen Manzala vor die Wahl: Entweder, oder?

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Funje oder Fondue Pfeil nach unten

Funje ist mein Leibgericht; ein traditionelles angolanisches Rezept für einen Brei, in dem das Maniokmehl Fufu in Wasser gerührt wird. Käse hingegen ist weniger mein Ding.

Laufbahn oder Tartanbahn Pfeil nach unten

Hier entscheide ich mich für Laufbahn, weil ich es auch beruflich weit bringen will. Die Schule kommt bei mir vor dem Sport – 51 zu 49 Prozent…

See oder Berge Pfeil nach unten

Ich tendiere zum See, weil mich das an den Sommer erinnert.

Frühtraining oder Spätschicht Pfeil nach unten

Mir gefällt beides, auch wenn ich manchmal ein bisschen Mühe habe am Morgen. Aber ich bin für jedes Training voll motiviert.

Kreuzlingen oder Roggwil Pfeil nach unten

Roggwil ist mein Heimatdorf. Dort leben meine Kolleginnen, Freunde und Familie. Kreuzlingen ist noch ein bisschen neu fĂĽr mich.

Wasser mit oder ohne Pfeil nach unten

Am liebsten Hahnenwasser, weil sich das im Mund angenehmer anfĂĽhlt.

Math. oder Franz. Pfeil nach unten

Klar französisch – Mathematik ist nicht so mein Ding.

Kizomba oder Schwyzerörgeli Pfeil nach unten

Kizomba; weil ich gerne dazu tanze.

Kurz oder lang (Strecken) Pfeil nach unten

Ich liebe die Kurzstrecken. Meine gesamte Energie in einen 10-Sekundenlauf zu geben, das ist ein wundervolles Gefühl – das ist wie fliegen.

Lesen oder Netflix Pfeil nach unten

Beides. Ich lese sehr gerne Bücher – ziehe mir aber auch ab und zu emotionale Serien oder einen Film rein.

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Aufwärmen vor dem Training in der Turnhalle Dreispitz